Ob Mensch oder Tier - es ist manchen Krankheitserregern gleich. Das hat das oft unangenehmen Folgen für den unfreiwilligen Gastgeber. Solche zwischen Mensch und Tier übertragbaren Krankheiten werden als Zoonosen bezeichnet. Auch die mehr als 21 Millionen Heimtieren, die deutsche Haushalte bevölkern, sind eine potenzielle Infektionsquelle für ihre Besitzer. Heimtückisch dabei: Auch wenn die Tiere selbst vollkommen gesund erscheinen, können sie infiziert sein und Erreger übertragen. Dadurch ist es schwierig, das Tier als Ansteckungsquelle zu erkennen.
Die für den Menschen untypische Erkrankungen führen so nicht selten Hausärzte an der Nase herum. Falsche Diagnosen und Behandlungen sind die Folge. Einen besseren Austausch zwischen Ärzten und Tierärzten anzuregen, war deshalb ein Anliegen des Symposium des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV). Die Ergebnisse wurden jetzt im Bundesgesundheitsblatt des Robert Koch-Instituts veröffentlicht.
Zoonose-Erreger sind selbst ein buntgemischter Haufen: Vom Virus bis zum Bandwurm ist alles dabei. "Hochkonjunktur haben in Deutschland derzeit durch Tiere übertragene Hautpilzerkrankungen", sagt Professor Hans-Jürgen Tietz von der Hautklinik der Charité. "Weil diese Erkrankungen extrem ansteckend sind, können sie sich epidemieartig ausbreiten und schnell ganze Schulklassen infizieren", weiß der Hautpilz-Spezialist. Die Behandlung ist dafür umso langwieriger und kann mehrere Wochen bis zu acht Monaten dauern.
Nicht selten werden diese Hautpilze aus südlichen Ländern "importiert". "Der intensive, liberalisierte Reiseverkehr, Unkenntnis von Tierhaltern über Risikogebiete und fehlende Gesundheitszeugnisse bei aus dem Ausland mitgenommenen Tieren sind wesentliche Ursachen für solche Erkrankungen", meint Dr. Karsten Nöckler, Zoonosenforscher am BgVV.
Europaweit stellt sich die Reisebranche zunehmend darauf ein, dass Hundebesitzer sich auch im Urlaub nicht von ihrem Tier trennen wollen und bieten entsprechende Unterkünfte an. Mancher verliert aber auch erst am Urlaubsort sein Herz an ein zugelaufenes Tier. Solch einen "Urlaubsflirt" dann mit nach Hause zu nehmen, ist heute einfacher denn je. Gerade wer zuvor kein Tier hatte, ist sich der möglichen gesundheitlichen Gefahren nicht bewusst. Auf diese Weise gelangen nicht nur Hautpilze sondern auch der in Mittelmeerländern viel häufigere Hundebandwurm nach Deutschland.
Generell sind streunende Tiere häufiger mit Krankheiten infiziert. Wer ein solches Tier aufnimmt - ob im Urlaubsland oder zu Hause - muss deshalb besonders vorsichtig sein. Bei Katzen sollte man vor allem an die Katzenkratzkrankheit denken. Je nach Region können von ihr bis zu 100 Prozent der streunenden Katzen infiziert sein. Bei den Hauskatzen ist es durchschnittlich jede fünfte. Der Erreger - ein Bakterium - wurde erst in den 90er Jahren entdeckt.
Im Krankheitsverlauf entzündet sich zunächst das Gebiet um den Kratzer und später schwillt der benachbarte Lymphknoten schmerzhaft an. Bei jedem fünften Infizierten treten aber auch vielfältige, untypische Symptome auf. Die teilweise eitrigen Lymphknotenschwellungen bilden sich dann meist innerhalb von zwei bis vier Monaten von selbst zurück. In seltenen Fällen kommt es aber auch zu gefährlichen Gehirnhautentzündungen. Flöhe übertragen die Bakterien von Tier zu Tier. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass nicht nur Kratzer oder Bisse eine Infektion hervorrufen können, sondern auch Flohstiche und selbst der Flohkot, wenn er in Wunden gelangt. Werden Flöhe konsequente bekämpft, vermindert sich also die Ansteckungsgefahr.
Auch artgerechte Haltung verringert das Infektionsrisiko. Beispielsweise eignet sich nicht jedes Tier als Kuscheltier. Gerade für kleinere Kinder, die sich ein Haustier wünschen, aber wegen einer Tierhaarallergie auf einen pelzigen kleinen Freund verzichten müssen, sind Schildkröten oder Leguane keine geeignete Alternative. "Reptilien gehören einfach nicht an den Frühstückstisch, wie das beispielsweise in den USA durchaus verbreitet ist.", bringt es Tierarzt Frank Mutschmann auf den Punkt. "Sie ziehen Salmonellen an, wie ein Magnet, so dass eine Behandlung des Tieres langfristig nichts nützt", erläutert der Reptilienspezialist. Etwa jedes zweite Tier trägt die Durchfallerreger in sich. Werden Schildkröte und Co. in einem Terrarium gehalten und die Grundregeln der Hygiene beachtet, muss der Reptilienfreund aber nicht um seine Gesundheit fürchten.
Obwohl sich die meisten Menschen über kontaminierte Lebensmittel mit Durchfallerregern infizieren, spielen Heimtiere als Infektionsquelle für Kinder eine größere Rolle. Insbesondere Welpen scheiden bestimmte Durchfallerreger aus, mit denen sich kleine Kinder leichter infizieren. Bei Babys können diese Bakterien sogar lebensbedrohliche Blutvergiftungen verursachen.
Nicht nur Kinder, auch Ältere, Schwangere und immunschwache Menschen (YOPI-Regel - young, old, pregnant, imunodeficient) sind anfälliger für Infektionen und einen schwereren Krankheitsverlauf. Dieser Personenkreis sollte sich deshalb ganz besonders streng an Hygieneregeln halten oder zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. So sollten Schwangere beispielsweise die Katzentoilette nicht selbst reinigen, um sich nicht mit Toxoplasmose zu infizieren. Da die Erreger erst nach mehreren Tagen infektiös werden, verringert tägliche Reinigung die Gefahr zusätzlich. So muss der Stubentiger nicht gehen, wenn das Baby kommt.
(erschienen im "Münchner Merkur")